Die Modell­ba­sier­te Puls­wel­len­ana­ly­se (mbPWA)

Neue Wege in der kar­dio­vas­ku­lä­ren Diagnostik

Unser inno­va­ti­ves Dia­gno­se­prin­zip der Gefäß­un­ter­su­chung grün­det auf einem Arte­ri­en­baum­mo­dell aus den 1960iger Jah­ren. Wir haben es ent­schei­dend wei­ter­ent­wi­ckelt und per­fek­tio­niert. Das über­zeu­gen­de Ergeb­nis: Ein dia­gnos­ti­sches Ver­fah­ren, das nicht-inva­siv und doch direkt misst — ohne jeg­li­che Umwege.

Mit­hil­fe eines vir­tu­ell erzeug­ten, rea­lis­ti­schen Modells des mensch­li­chen arte­ri­el­len Gefäß­baums wird der zen­tra­le Blut­druck über peri­pher erfass­te Puls­druck­kur­ven ermit­telt. So prä­zi­se, als wür­de man direkt in die Arte­ri­en bli­cken. Die von uns ent­wi­ckel­te Gefäß­dia­gnos­tik bedient sich einer algo­rith­men­ge­stütz­ten Simu­la­ti­on des rea­len arte­ri­el­len Zustands jedes ein­zel­nen Pati­en­ten. Dadurch kommt sie voll­stän­dig ohne jeg­li­che ver­fäl­schen­de Hilfs­pa­ra­me­ter aus.

Der ent­schei­den­de Unter­schied zu bis­he­ri­gen Unter­su­chungs­an­sät­zen wie der arte­ri­el­len Appl­ana­ti­ons­to­no­me­trie: Anstel­le eines zugrun­de geleg­ten Popu­la­ti­ons­durch­schnitts stüt­zen sich unse­re Daten auf wirk­lich­keits­ge­treue, indi­vi­du­el­le Pati­en­ten­cha­rak­te­ris­ti­ka. Dadurch ist es erst­mals mög­lich, Mess­ergeb­nis­se zu erzie­len, die 1:1 den aktu­el­len Zustand inner­halb der Arte­ri­en sicht­bar machen.

Ein Durch­bruch für Dia­gnos­tik und The­ra­pie — und dadurch auch eine deut­li­che Ver­bes­se­rung der Lebens­qua­li­tät von Pati­en­ten: Medi­zi­ner kön­nen kar­dio­vas­ku­lä­re End­or­gan­schä­den viel frü­her als bis­her mög­lich erken­nen und behan­deln. The­ra­peu­ti­sche Inter­ven­tio­nen las­sen sich punkt­ge­nau nach­ver­fol­gen und fle­xi­bler als je zuvor anpassen.

Print Friendly, PDF & Email

Der hämo­dy­na­mi­sche Hintergrund

Model­le sind ein wich­ti­ges Hilfs­mit­tel, wann immer es dar­um geht, kom­ple­xe Vor­gän­ge zu ver­ein­fa­chen und zugrun­de­lie­gen­de Mecha­nis­men und Funk­tio­nen zu ver­an­schau­li­chen. Bei der Recher­che nach modell­haf­ten Abbil­dern des arte­ri­el­len Sys­tems trifft man auf eine gan­ze Rei­he ver­schie­de­ner Erklä­rungs­an­sät­ze bzw. Konstruktionen.

Der mensch­li­che Blut­kreis­lauf wird zum einen in Röh­ren- sowie in Ver­tei­lungs­mo­del­len nach­ge­bil­det, die auf der mensch­li­chen Ana­to­mie basie­ren. Eine wei­te­re Opti­on stel­len ver­ein­fach­te Schalt­kreis­mo­del­le dar. Letz­te­re zeich­nen die Blut­strö­mung eben­so wie die Aus­brei­tung der vom Her­zen erzeug­ten Druck­wel­le mit­tels Puls­wel­len (Strom­puls und Druck­puls) nach. Vor die­sem Hin­ter­grund kann man den arte­ri­el­len Gefäß­baum des Men­schen anhand von soge­nann­ten Mul­ti­kom­par­ti­ment-Model­len und mit­hil­fe elek­tri­scher Kom­po­nen­ten nach­stel­len: In Ana­lo­gie des Blut­flus­ses im Kreis­lauf­sys­tem und der Fließ­ei­gen­schaf­ten des elek­tri­schen Stroms ver­wen­det man die Eigen­schaf­ten von Wider­stands­schal­tun­gen R, Induk­ti­ons­schal­tun­gen L und Kon­den­sa­tor­schal­tun­gen C (RLC), um phy­si­ka­li­sche Eigen­schaf­ten der Arte­ri­en darzustellen.

Ein hard­ware­ba­sier­tes Ur-Modell als Aus­gangs­punkt der Modell­ba­sier­ten Pulswellenanalyse 

Ein For­scher­team um Abra­ham Noor­der­graaf und in der wei­te­ren Über­ar­bei­tung Nico­laas Wes­ter­hof und Mit­ar­bei­ter führ­ten in den 1960er Jah­ren in den USA erst­mals einen hard­ware­ge­stütz­ten, hand­ver­drah­te­ten Ansatz zur Model­lie­rung des mensch­li­chen Arte­ri­en­sys­tems ein. Frü­her basier­te dies meist auf mathe­ma­ti­schen oder phy­si­ka­li­schen Model­len. In der fina­len Ver­si­on des Modells wur­den ins­ge­samt 113 Hard­ware-RLC-Schal­tun­gen mit­ein­an­der ver­bun­den, die die Archi­tek­tur des Arte­ri­en­baums nach­bil­de­ten. Jedes Seg­ment reprä­sen­tiert etwa 2 bis 8 cm eines Gefä­ßes. Wäh­rend seri­ell geschal­te­te Wider­stän­de und Induk­ti­vi­tä­ten den Lei­tungs­wi­der­stand einer Arte­rie und die vis­ko­sen und trä­gen Eigen­schaf­ten des Blu­tes (lon­gi­tu­di­na­le Impe­danz) nach­ah­men, ent­spre­chen Kon­den­sa­to­ren der Wand­com­pli­ance (trans­ver­sa­le Impe­danz).

Tech­ni­sche Herausforderungen

Die Hand­hab­bar­keit und der mecha­ni­sche Auf­wand bei der manu­el­len Fer­ti­gung eines pas­si­ven elek­tro­ni­schen Ana­lo­gons des mensch­li­chen Arte­ri­en­baums stell­ten in den 1960iger Jah­ren noch eine ech­te Her­aus­for­de­rung dar. Daher ent­hielt die Modell­va­ri­an­te von Noor­der­graaf eben­so wie die spä­ter von Wes­ter­hof über­ar­bei­te­te Ver­si­on eine gan­ze Rei­he von tech­ni­schen Zuge­ständ­nis­sen, ins­be­son­de­re die Zusam­men­fas­sung  ein­zel­ner Wind­kes­sel­ele­men­te (“lum­ping” genannt) zu einem ein­zi­gen Ele­ment. Ursprüng­lich wur­den die arte­ri­el­len Eigen­schaf­ten (Wider­stand, Com­pli­ance und Blut­mas­sen­träg­heit) für 1‑cm-Arte­ri­en­seg­men­te bestimmt, was zu mehr als 700 Wind­kes­sel-Ele­men­ten für das Modell geführt hätte.

Die ursprüng­li­che Berechnungsgrundlage

Noor­der­graafs Lösung bestand dar­in, den unge­heu­ren manu­el­len Auf­wand, der mit 700 Wind­kes­sel-Ele­men­ten ein­her­ge­gan­gen wäre, radi­kal zu begren­zen.  Er redu­zier­te ihre Anzahl in der End­ver­si­on auf etwa 100 Ele­men­te, die in Hard­ware zu bau­en waren. Die Bezie­hung zwi­schen den pau­scha­len R‑, L- und C‑Werten für jede pau­scha­le Grö­ße Δx im Ver­gleich zu den R’, L’ und C’, die für die Grö­ße von 1 cm berech­net wur­den, beschreibt Noor­der­graaf mit­hil­fe der fol­gen­den Formel:

L = L’ Δx, R = R’ Δx, C = C’ Δx

Die Pro­ble­ma­tik der redu­zier­ten Komplexität 

Die somit ver­rin­ger­te Kom­ple­xi­tät im Hin­blick auf den Modell­auf­bau ging indes­sen mit einer ver­fälsch­ten Wie­der­ga­be der natür­li­chen Strö­mungs­ei­gen­schaf­ten ein­her: Die Kopp­lung von Wind­kes­sel­ein­hei­ten igno­rier­te die tat­säch­li­chen Reso­nanz­ei­gen­schaf­ten der arte­ri­el­len Seg­men­te und deren Bedeu­tung für die Durch­läs­sig­keit der Puls­wel­le. Noor­der­graaf wuss­te zwar, dass die Höhe der Reso­nanz­spit­zen ver­zerrt war. Er maß die­ser Tat­sa­che aber kei­ne gro­ße Bedeu­tung bei, ver­mut­lich wegen des Feh­lens unse­rer moder­nen Simu­la­ti­ons­werk­zeu­ge. Wes­ter­hof über­nahm Noor­der­graafs soge­nann­te Klum­pen­for­meln spä­ter in sein ver­bes­ser­tes Modell.

Unse­re Wei­ter­ent­wick­lung: Das vir­tu­ell ver­fei­ner­te Westerhof-Modell

Durch den Ein­satz moderns­ter Soft­ware-Simu­la­ti­ons­werk­zeu­ge waren wir zum einen in der Lage, das von Noor­der­graaf erstell­te und spä­ter von Wes­ter­hof und Mit­ar­bei­tern über­ar­bei­te­te Modell ori­gi­nal­ge­treu zu repro­du­zie­ren. Im Lau­fe unzäh­li­ger Test­durch­läu­fe simu­lier­ten wir ver­schie­dens­te, typi­sche Arte­ri­en­zu­stän­de. So gewan­nen wir wich­ti­ge Erkennt­nis­se zum Ver­ständ­nis und zur Ver­bes­se­rung sei­nes Verhaltens.

Bei der anschlie­ßen­den Kor­rek­tur und Ver­fei­ne­rung des Modells leg­ten wir im Gegen­satz zu Wes­ter­hof und Noor­der­graf beson­de­ren Wert auf die Erhal­tung der nach unse­rer Über­zeu­gung essen­ti­ell wich­ti­gen Reso­nanz­fre­quen­zen: Die­se blie­ben auch im neu­en Modell inner­halb der ein­zel­nen 1cm-Arte­ri­en­ab­schnit­te erhalten.

So gelang es uns am Ende, die tech­no­lo­gi­schen Ein­schrän­kun­gen des Noor­der­graaf-Wes­ter­hof-Modells kom­plett auf­zu­he­ben. In der Fol­ge ver­bes­ser­te sich die Gesamt­mo­dell­qua­li­tät erheb­lich: Wäh­rend das von Wes­ter­hof wei­ter­ent­wi­ckel­te Modell am Ende aus 121 Wind­kes­sel-Ele­men­ten bestand, ver­fügt das von uns ver­fei­ner­te Modell über 711 Ele­men­te. Dadurch lie­fert unse­re Arte­ri­en­baum­si­mu­la­ti­on rea­lis­ti­sche Puls­wel­len­for­men der Aor­ta und der bra­chia­len und radia­len Arte­ri­en. Glei­ches gilt für die rea­lis­ti­sche Wie­der­ga­be von Blutdrücken. 

Der Vor­her-Nach­her-Effekt: Vom Noor­der­graaf/­Wes­ter­hof-Modell zum Gefäß-Avatar

Mul­ti­ple gekop­pel­te Reso­nan­zen statt reflek­tier­ter Welle

Das neue Arte­ri­en­baum­mo­dell erbrach­te neue Erkennt­nis­se im Hin­blick auf die Ent­ste­hung der phy­sio­lo­gi­schen, aor­tal-radia­len Über­tra­gungs­funk­ti­on: Nach unse­rer Über­zeu­gung ist sie auf die Kopp­lung vie­ler klei­ner Reso­nan­z­ele­men­te inner­halb eines kom­ple­xen Arte­ri­en­baums zurück­zu­füh­ren.

Die­se völ­lig neue Ein­sicht kann der gän­gi­gen (aller­dings ohne­hin nicht unum­strit­te­nen) Lehr­mei­nung, die den sekun­dä­ren systo­li­schen Peak auf eine arte­ri­el­le Druck­wel­len­re­fle­xi­on zurück­führt, wich­ti­ge neue Impul­se geben. Unse­re Hypo­the­se der mul­ti­plen gekop­pel­ten Reso­nan­zen inner­halb des arte­ri­el­len Sys­tems wird auch durch die Tat­sa­che unter­mau­ert, dass das von uns über­ar­bei­te­te, ver­fei­ner­te Modell kei­ne völ­li­ge Neu­schöp­fung dar­stellt. Die End­ver­si­on unse­res Modells kor­ri­gier­te nur eini­ge Ver­ein­fa­chun­gen im ursprüng­li­chen Wes­ter­hof-Modell, die zu viel zu nied­ri­gen Reso­nanz­fre­quen­zen geführt hatten.

Wie unse­re Expe­ri­men­te mit dem ver­fei­ner­ten Modell zei­gen, ent­wi­ckelt sich die aor­tal-radia­le Über­tra­gungs­funk­ti­on ent­lang des Weges von der auf­stei­gen­den Aor­ta zur radia­len Arte­rie. In glei­cher Wei­se ent­ste­hen auch die sekun­dä­ren systo­li­schen Wel­len nicht an bestimm­ten dista­len Stel­len, son­dern ent­wi­ckeln sich auf dem gesam­ten Weg von der auf­stei­gen­den Aor­ta bis zu der Stel­le, an der sie gemes­sen wer­den. Nach unse­rem Wis­sen ist dies das ers­te Mal, dass die Bil­dung der bekann­ten, aor­tal-radia­len Über­tra­gungs­funk­ti­on in einem indi­vi­dua­li­sier­ten Arte­ri­en­baum­mo­dell erklärt und demons­triert wer­den kann.

Die Phy­sio­lo­gie des dyna­mi­schen Blut­flus­ses bei Karotisstenose

Ein rea­les Abbild der Arterien

Um zu ver­ste­hen, wor­in die Neu­ar­tig­keit des von uns über­ar­bei­te­ten, ver­fei­ner­ten Modells liegt, muss man sich fol­gen­des ver­ge­gen­wär­ti­gen: Das ursprüng­li­che Noor­der­graaf/­Wes­ter­hof-Modell aus den 1960iger Jah­ren gab das Arte­ri­en­sys­tem eines 26-Jäh­ri­gen wie­der. Es war somit ein rei­nes Anschau­ungs- und Stu­di­en­ob­jekt. Das von uns mit­tels moder­ner Soft­ware-Tools per­fek­tio­nier­te Modell ist jedoch gera­de kein idea­li­sier­tes Modell eines belie­bi­gen Men­schen. Ganz im Gegen­satz zu einem blo­ßen Anschau­ungs­mo­dell ist das neue Modell an den Arte­ri­en­baum jedes rea­len Men­schen adaptierbar.

Es han­delt sich um einen durch­aus revo­lu­tio­när zu nen­nen­den, neu­en Ansatz, der fol­ge­rich­tig mit einer eben­so inno­va­ti­ven Mess­me­tho­de ein­her­geht. Wie zuvor beschrie­ben lag der Focus bei der Ent­wick­lung der neu­en Mess­me­tho­de zunächst dar­auf, rea­lis­ti­sche Puls­kur­ven­for­men zu gene­rie­ren. Nach­dem dies gelun­gen war, lag der kli­ni­sche Nut­zen des neu­en Modells unmit­tel­bar auf der Hand:  Denn nun ist das künst­li­che arte­ri­el­le Sys­tem des Arte­ri­en­baum­mo­dells an einen rea­len Pati­en­ten anpass­bar. Dadurch leis­tet das neu­ge­schaf­fe­ne Modell auf viel­fäl­tigs­te Wei­se wert­vol­le Unter­stüt­zung in der kar­dio­vas­ku­lä­ren Dia­gnos­tik und Prä­ven­ti­on. Der Clou: Was man real ohne inva­si­ve Maß­nah­men (bspw. risi­ko­rei­che Herz­ka­the­der­un­ter­su­chun­gen) gar nicht mes­sen könn­te, ist nun pro­blem­los in simu­la­tio­ne, also am Abbild des leben­den Men­schen — im Gefäß­ava­tar — ablesbar.

Abnor­ma­le oder kran­ke Gefäß­zu­stän­de kön­nen sich hier­bei bei­spiels­wei­se durch erhöh­te Lei­tungs­wi­der­stän­de R (z.B. Steno­se, Throm­bo­se, Gefäß­to­nus­dys­funk­ti­on), erhöh­te Träg­heits­ei­gen­schaf­ten des Blu­tes L (z.B. hoher Häma­to­krit) oder gerin­ge arte­ri­el­le Com­pli­ance C (z.B. stei­fe oder ent­zün­de­te Arte­ri­en auf­grund von Arte­rio­skle­ro­se oder Athero­skle­ro­se) mani­fes­tie­ren. Die indi­vi­du­el­len Mul­ti­pli­ka­to­ren dMult, lMult und cMult stim­men dabei offen­bar sehr gut mit dem spe­zi­fi­schen arte­ri­el­len Gesund­heits­zu­stand einer Per­son überein.

Die Aus­wer­tung einer Mes­sung mit der Modell­ba­sier­ten Pulswellenanalyse

Kli­ni­sche Anwendungsbereiche 

Unse­re Ein­sich­ten im Hin­blick auf die reso­nan­te Natur der aor­tal-radia­len Über­tra­gungs­funk­ti­on eig­nen sich sowohl für For­schungs- als auch für Aus­bil­dungs­zwe­cke. Die aus unse­rem ver­fei­ner­ten Modell abge­lei­te­te, indi­vi­dua­li­sier­te Über­tra­gungs­funk­ti­on berück­sich­tigt unter­schied­li­che Pati­en­ten­cha­rak­te­ris­ti­ka. Auch lässt sie sich zur Ermitt­lung zen­tra­ler Blut­druck­wer­te verwenden.

Zen­tral vs. bra­chi­al: Medi­ka­men­ten­ef­fek­te sicht­bar machen, The­ra­pien anpassen

Nicht-inva­si­ve Mes­sun­gen des zen­tra­len Blut­drucks sind im kli­ni­schen Kon­text von hohem Nut­zen. Beson­de­re Rele­vanz erlan­gen unse­re Erkennt­nis­se bei der Behand­lung von Blut­hoch­druck­pa­ti­en­ten: Über­prüft man ihre zen­tra­len Wer­te, las­sen sich wich­ti­ge Unter­schie­de in der Wirk­wei­se zwi­schen ver­schie­de­nen Klas­sen von Anti­hy­per­ten­si­va  nach­wei­sen. Oft wird bei­spiels­wei­se die blut­druck­sen­ken­de Wir­kung von Beta­blo­ckern über­schätzt. Dies lässt sich mög­li­cher­wei­se durch Ver­än­de­run­gen der arte­ri­el­len Eigen­schaf­ten erklä­ren, die durch die Bra­dy­kar­die ver­ur­sacht wer­den und den zen­tra­len systo­li­schen Druck sowie den Puls­druck erhö­hen. Wei­te­re mecha­nis­ti­sche Unter­su­chun­gen ste­hen in die­sem Zusam­men­hang zwar noch aus. Unser indi­vi­dua­li­sier­tes Arte­ri­en­baum­mo­dell ver­fügt hier­bei in jedem Fall über viel­ver­spre­chen­des Poten­ti­al, für die soft­ware­ba­sier­te Unter­su­chung ver­schie­dens­ter Medi­ka­men­ten­ef­fek­te in Zukunft von gro­ßem Nut­zen zu sein.

Auch abseits von Beta­blo­ckern gilt: Man kann jeg­li­che medi­ka­men­tö­se Hyper­to­nie-The­ra­pie durch Rück­griff auf die zen­tra­len, signi­fi­kant aus­sa­ge­kräf­ti­ge­ren Blut­druck­wer­te bes­ser auf indi­vi­du­el­le Bedürf­nis­se und mög­li­che Kom­or­bi­di­tä­ten von Pati­en­ten abstim­men, als dies mit rein bra­chi­al gemes­se­nen Daten mög­lich wäre. Durch wie­der­hol­te Kon­troll­mes­sun­gen kön­nen Ärz­te im Ver­lauf der Behand­lung sicher­stel­len, dass erwünsch­te the­ra­peu­ti­sche Effek­te  tat­säch­lich ein­tre­ten — bei rein phar­ma­ko­lo­gi­scher Inter­ven­ti­on etwa durch Wirk­stoff­klas­sen­wech­sel, Dosis­er­hö­hung bzw. ‑reduk­ti­on oder durch eine Kom­bi­na­ti­ons­the­ra­pie. Mes­sun­gen des aor­ta­len Blut­drucks geben zudem Auf­schluss dar­über, ob Pati­en­ten in einem frü­hen Sta­di­um von Herz­kreis­lauf­be­ein­träch­ti­gun­gen eine bestehen­de Medi­ka­ti­on nach Abspra­che mit dem Arzt rein durch wir­kungs­vol­le Lebens­sti­län­de­run­gen min­des­tens ver­rin­gern oder sogar nach eini­ger Zeit ganz abset­zen kön­nen. Manch­mal ist es auch bei Ein­hal­tung eines gesund­heits­för­dern­den Lebens­stils mög­lich, lan­ge Zeit ganz auf die Ein­nah­me eines Anti­hy­per­to­ni­kums zu ver­zich­ten. Die Daten des zen­tra­len Blut­drucks (in regel­mä­ßi­gen Abstän­den erho­ben) sind hier­bei von ent­schei­den­der Bedeu­tung, da sie im Gegen­satz zu bra­chi­al erho­be­nen Mess­wer­ten den tat­säch­li­chen Zustand des Her­zens widerspiegeln.

Hämo­dy­na­mi­sche Para­me­ter und bio­lo­gi­sches Gefäßalter

Die inva­si­ve Bestim­mung zen­tra­ler hämo­dy­na­mi­scher Para­me­ter zeig­te eine Asso­zia­ti­on zwi­schen Fle­xi­ons­zeit und Aug­men­ta­ti­ons­in­dex der auf­stei­gen­den Aor­ta und dem Risi­ko einer koro­na­ren Herz­er­kran­kung bei sym­pto­ma­ti­schen Risi­ko­pa­ti­en­ten. Die­se Befun­de lie­ßen sich nicht-inva­siv mit­tels Appl­ana­ti­ons­to­no­me­trie bestätigen.

Aller­dings stel­len die­se kon­ven­tio­nel­len Para­me­ter eher indi­rek­te Indi­ka­to­ren für die arte­ri­el­len Eigen­schaf­ten dar. Wir pos­tu­lie­ren, dass die im ver­fei­ner­ten Modell ver­wen­de­ten Anpas­sungs­fak­to­ren direkt dem gesam­ten arte­ri­el­len Lei­tungs­wi­der­stand (dMult), der Blut­träg­heit (lMult) und der Arte­ri­en­wand­com­pli­ance (cMult) eines indi­vi­du­el­len Pati­en­ten ent­spre­chen. Sie kön­nen ver­schie­de­ne Gesund­heits­zu­stän­de reprä­sen­tie­ren und sind daher für die Abschät­zung des bio­lo­gi­schen Gefäß­al­ters nützlich.

Ein Früh­warn­sys­tem für Schä­di­gun­gen des Endothels

Die Fähig­keit, den Gefäß­to­nus zu kon­trol­lie­ren, wird durch das Altern und durch eine endo­the­lia­le Dys­funk­ti­on beein­träch­tigt. Dies führt zu Hyper­to­nie und Athero­skle­ro­se. Wir gehen davon aus, dass eine sol­che Dys­ba­lan­ce des Gefäß­to­nus’ auch im Ruhe­zu­stand vor­han­den ist. Dar­auf wie­der­um fußt unse­re Hypo­the­se, dass ein mit dem ver­fei­ner­ten Modell nach­ge­wie­se­ner, erhöh­ter Lei­tungs­wi­der­stand ein Früh­in­di­ka­tor für eine Dys­ba­lan­ce des Endo­thels und Athero­skle­ro­se sein könn­te. Die­se Arbeits­hy­po­the­se soll­te in einer kli­ni­schen Stu­die vali­diert wer­den, z. B. durch Mes­sung der fluss­ver­mit­tel­ten Dila­ta­ti­on (FMD) als aner­kann­tem Goldstandard.

Dar­über hin­aus emp­feh­len wir wei­te­re Unter­su­chun­gen, um das Poten­zi­al des künst­li­chen Arte­ri­en­mo­dells für die Risi­ko­vor­her­sa­ge zu bewer­ten. Unter ande­rem lie­ße sich damit die inva­si­ve Beur­tei­lung von Pati­en­ten mit einem Risi­ko für eine vor­zei­ti­ge koro­na­re Herz­krank­heit anleiten.