Der arterielle Durchflusswiderstand ist ein Leitwert, der genauere Einblicke in die individuelle Gefäßgesundheit gibt als herkömmliche Kenngrößen.
Der arterielle Durchflusswiderstand
Die Weisheit der Pulswelle
Der arterielle Durchflusswiderstand der großen Leitungsarterien ist ein bisher relativ unbekannter Parameter und wird dementsprechend weitestgehend unterschätzt. Unserer Einschätzung nach stellt er jedoch die bedeutendste Kenngröße von allen dar — denn er ist ein leicht verständlicher Indikator für die Durchgängigkeit der wichtigen Leitungsarterien. Dies verleiht ihm eine weit größere Bedeutung als die üblicherweise bevorzugt betrachtete Gefäßsteifigkeit. Interessanterweise korreliert der arterielle Durchflusswiderstand bei Messungen nicht immer mit der Gefäßsteifigkeit.
Mit herkömmlichen Mitteln war der arterielle Durchflusswiderstand bis dato direkt wie indirekt nur sehr schwer messbar. Hier kommt die Modellbasierte Pulswellenanalyse (mbPWA) ins Spiel: Das zugrundeliegende Messprinzip beruht auf den individualisiert ermittelten Gefäßdaten des Arterienbaums jedes beliebigen Patienten. Mithilfe des algorithmisch erzeugten Gefäß-Avatars lässt sich der arterielle Durchflusswiderstand nun zum ersten Mal überhaupt leicht und gut reproduzierbar ermitteln: Arteriendiagnostik auf einem völlig neuen Niveau.
Der physikalische Zusammenhang
Zur Veranschaulichung ein Blick ins Innere der Arterien: Der arterielle Durchflusswiderstand wird in seiner Funktion als Leitungswiderstand durch das mittlere freie Lumen (den Gefäßdurchmesser) beeinflusst. Manchmal bilden sich auf einem bestimmten Arteriensegment Plaques. Plaques sind fleckförmige, entzündliche Läsionen (Verletzungen) der Gefäßwand. Die zugrundeliegenden Ursachen sind vielfältig und noch nicht komplett im Detail erforscht. Allerdings gibt es bekannte Risikofaktoren wie u.a. Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Nikotin und Bewegungsmangel. Diese Faktoren können die Endothelfunktion empfindlich beeinträchtigen, was über mehrere, nacheinander ablaufende Prozesse zu einer Gefäßverengung führt.
Logischerweise erhöht sich im Laufe all dieser Vorgänge der Widerstand aufgrund des nun verringerten Gefäßdurchmessers. Wenn die Variation des Gefäßtonus, also die Fähigkeit zur Weit- oder Engstellung der Gefäße, aufgrund von Atherosklerose und der einhergehenden Endothel-Dysfunktion eingeschränkt ist, steigt der Widerstand auch im Ruhezustand deutlich an. Zu allem Überfluss treten die Ablagerung von Plaques in den Gefäßen und Atherosklerose häufig zusammen auf. Diese fatale Kombination hat zur Folge, dass bei entsprechend angegriffenem Gefäßstatus der Widerstand doppelt so stark ansteigt. Die gute Nachricht: Dadurch ist er allerdings auch in der Messung besonders leicht erkennbar. Veränderungen des inneren Durchmessers der Arterien gehen nämlich in vierter Potenz (!) in den Widerstand ein.
Der klinische Nutzen des arteriellen Durchflusswiderstands: Vorsprung durch Sensitivität
Die Zunahme des arteriellen Durchflusswiderstands ist in einigen Fällen schon im überraschend jungen Alter von 20–30 Jahren feststellbar — beispielsweise bei Adipositas. Dadurch ist eine Diagnose problematischer Gefäßzustände möglich, bevor klinische Relevanz besteht. Folgeerkrankungen lassen sich dann — mithilfe frühzeitiger therapeutischer Interventionen und mit Eigeninitiative, was Bewegungs-und Ernährungsroutinen angeht — noch in vielen Fällen vermeiden.